Joschua's Leserbrief 7:


Denn durch Trübsal hier führt der Weg zu dir


 

Ich könnte mir vorstellen, dass zu der Aussage dieses Leserbriefes sich für euch folgende Fragen stellen werden: Was ist Trübsal gemeint? ... Welcher Weg führt mich wohin? ... und wer ist mit „dir“ gemeint? ... Wie ihr sicher schon aus anderen Leserbriefen von mir erfahren habt, lasse ich mich gerne von allgemeinen Sprüchen oder Sätzen - wie z. B. aus der Bibel oder Kirchenliedern - inspirieren, um darüber zu philosophieren und evtl. anschließend in einem Leserbrief zu verarbeiten - und genauso verhält es sich mit diesem Leserbrief.

 

Um es gleich zu Beginn des Leserbriefes auf den Punkt zu bringen: Ich denke, dass mit dem obigen Satz gemeint ist, dass der Weg der Trübsal uns zu unserem eigenen wahren Selbst unserer Seele führt. Demnach müsste der Satz für einen jeden von uns heißen: „Denn durch Trübsal in meinem Leben führt der Weg zu mir“.

 

Beginnen wir im Bezug dazu zuerst mit der Beantwortung der Frage, was mit „Trübsal“ gemeint sein könnte? Mit dem Begriff „Trübsal“ verstehen wir Ereignisse in unserem Leben, die uns traurig machen, die uns Schmerzen bereiten oder unser Sorgen bereiten. Diese Ereignisse haben alle etwas gemeinsam, sie führen uns aus der groben und schnelllebigen Realität in eine feinfühlige und ruhigere Realität. Einer Realität, die wir in der Regel als unangenehm empfinden. Das ist schon deshalb so, weil diese von uns erlebte Realität nicht die Norm der uns vorgespielten Realität entspricht. Um Glück und Zufriedenheit zu erleben, werden uns in der allgemeinen Realität Gesundheit, Selbstbewusstsein, Erfolg und Reichtum als Normalität vorgegaukelt. Ja, vorgegaukelt - denn eine Normalität gibt es nicht wirklich. Da wir uns aber weitgehend alle etwas von dieser vermeintlichen Normalität angenommen haben, leiden wir, wenn wir uns nicht mehr in dieser Normalität befinden. Wir erleben dann eine „Trübsal“, weil unser Geist über diese erlebten Verhältnisse betrübt ist.

 

Aber müssen wir erst Trübsal im Leben erleben, um zu uns selbst zu gelangen - unser wahres „Ich“ oder „Selbst“ zu erfahren? Meine Antwort darauf lautet: Ja - die meisten Menschen müssen das! Damit meine ich aber kein zwanghaftes oder schicksalhaftes Erleben von Trübsal, die wir dann als etwas sehr Unangenehmes oder sogar Schreckliches erleben. Nein, das meine ich damit nicht und das wünsche ich auch keinem von uns! Ich meine damit, dass wir aus tiefer Erkenntnis unseres Bewusstsein verstehen sollten, dass wir erst durch das Erleben von Trübsal sensibel oder feinfühlig genug werden, um zu unserem wahren Kern zu gelangen. Mit diesem Verständnis sind wir dann bereit, immer wiederkehrende Trübsal zu akzeptieren und sogar in unserem Leben willkommen zu heißen. Denn erst wenn wir feinfühlig genug geworden sind, kann es zu einem Dialog mit unserer Seele kommen. Und über unsere Seele erfahren wir dann, wo wir uns zurzeit in unserem Leben nicht in Übereinstimmung mit unserer Seele befinden. Wir also einen Weg eingeschlagen haben, der uns nicht wirklich glücklich und zufrieden werden lässt.

 

In der Regel bestimmen wir größtenteils unser Leben über unseren Geist, der aber in sehr wichtigen Fragen unseres Lebens - in Fragen, wie wir wirklich glücklich und zufrieden werden - nicht der richtige Teil unseres eigenen „Ich“ oder „Selbst“ ist. Der Geist ist der ideale Teil, wenn es um die Umsetzung von bewusst gewählten Entscheidungen zu unserem Leben geht - die vorher in Übereinstimmung mit unserer Seele gewählt wurden. Wenn wir aber zu sehr in unserem Leben unseren Geist den Vortritt vor unserer Seele geben - unserer Seele keinen oder nur geringen Platz zu Erwählungen und Entscheidungen des Sein, Tun und Haben in unserem Leben einräumen - dann mag eine Trübsal für uns nötig sein, damit dieser so wichtige Dialog mit unserer Seele stattfinden kann. Man könnte diese immer wiederkehrenden Trübsale auch als Lektionen bezeichnen, aus denen wir lernen könnten - lernen, dass wir nicht erst eine Trübsal brauchen um einen Kontakt zu unserer Seele - unserem wahren „Ich“ oder „Selbst“ - herzustellen.

 

Wenn wir uns zu Fragen, wie wir wirklich glücklich und zufrieden in unserem Leben werden, immer unserem Gefühl - unserer Seele - anvertrauen und vertrauen würden, brauchten wir die Trübsale nicht mehr. Diese Vorstellung mag uns zwar beflügeln, doch sollten wir geduldig mit uns sein, wenn dies noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird - vielleicht sogar unser ganzes Leben. Wenn wir davon ausgehen können, dass wir als Seele schon viele Male auf dieser Erde das Leben eines Menschen gelebt haben, dann mag es für uns tröstlich sein, dass sich in diesem Leben erstmalig unser Bewusstsein verändert hat und wir damit einen Anfang zu einer neuen Lebensvariante geschaffen haben. Denn mit dem neu gewonnenen Bewusstsein wird sich in jedem Fall unser Leben verbessern und werden weniger unglücklich und weniger unzufrieden sein. Wenn wir also hin und wieder noch Trübsal erleben, um damit Kontakt zu unserer Seele zu erleben, dann mögen wir diesen Umstand akzeptieren und willkommen heißen. Wir werden dann wissen: „Durch diese Trübsal in meinem Leben führt der Weg zu mir“.